8. März: Internationaler Tag der Frau – wie alles begann

  • Frauenmarsch

Wahlrecht, freie Berufswahl, Recht auf Bildung – dank Vorkämpferinnen wie der Amerikanerin Theresa Malkiel oder der Deutschen Clara Zetkin und Käte Duncker sind diese Rechte für uns Frauen heute selbstverständlich. Der Weg dahin war lang und selbst heute sind viele Frauenrechte noch nicht verwirklicht. Deshalb nutzen Frauen auf der ganzen Welt den Internationalen Tag der Frau am 8. März, um auf Gleichstellungsthemen aufmerksam zu machen. Und genau darum sei dieser Tag so wichtig, findet Jacqueline Schneider, Geschäftsführerin der Frauenzentrale St.Gallen. «Damit diese Themen nicht vergessen werden.»

19. März 1911. Hunderttausende Frauen gehen auf die Strasse, in Dänemark, Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Lautstark fordern sie «Heraus mit dem Frauenwahlrecht». Der Grundstein für den Internationalen Frauentag war gelegt. Treibende Kraft dahinter waren die deutschen Sozialdemokratinnen Clara Zetkin und Käte Duncker. Ein Jahr zuvor hatten sie an der zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen den Antrag zu einem Frauentag gestellt. 100 Delegierte aus 17 Nationen stimmten zu.

Ursprung in Amerika

Porträtbild

Theresa Malkiel

Die Idee dazu kam aus Amerika. Dort fand am 28. Februar 1909 in New York der erste «National Women‘s Day» statt. Organisiert hatte ihn die Socialist Party of America auf Anregung von Theresa Malkiel (1874-1949). Die Arbeitsrechtaktivistin war die erste Frau, die in der sozialistischen Partei eine Führungsrolle übernahm. Sie war der festen Überzeugung, dass nur der Sozialismus den Frauen die Freiheit bringen kann und dass im Gegenzug der Sozialismus ohne die aktive Teilhabe der Frauen nicht überleben kann. Zwar befürwortete die sozialistische Partei die Gleichberechtigung in der Theorie, in der Praxis interessierte sie die Anliegen der Arbeiterfrauen aber wenig. Daraus schloss Theresa Malkiel, dass die Frauen ihren eigenen Kampf führen müssten und gründete eine entsprechende Frauenorganisation quasi als Übungsfeld für Frauenrechtsaktivistinnen. Die Frauen wären es müde, in der Partei nur die Rolle der Kuchenbäckerinnen und Geldsammlerinnen zu übernehmen, sagte sie. 1909 wurde sie ins National Women’s Commitee der Sozialisten Partei gewählt. Als deren Delegierte nahm sie an Kongressen teil und schrieb Pamphlete, um auf die Nöte der Immigrantenfrauen aufmerksam zu machen. Sie etablierte Suffragetten-Clubs und warb Frauen an. Und initiierte den jährlichen Frauentag.

Sprachrohr der Frauen- und Arbeiterbewegung

Zwei Frauen

Clara Zetkin zusammen mit Rosa Luxemburg

Von der Notwendigkeit eines solchen Tages war auch Clara Zetkin (1857-1933), geborene Eißner, überzeugt. Die Sozialistin wuchs in Wiederau in Sachsen auf, mit 15 zog sie mit ihrer Familie nach Leipzig. Dort besuchte sie das Lehrerinnenseminar. Das war damals der einzige standesgemässe Beruf für Mädchen aus bürgerlichem Haus. Sie begann, sich für die Frauen- und Arbeiterbewegung zu interessieren. 1878 trat sie der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands bei, die später in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands aufging. Damit war ihr aber eine Karriere als Lehrerin im öffentlichen Schuldienst verwehrt. Sie arbeitete deshalb als Hauslehrerin und folgte schliesslich ihrer Liebe Ossip Zetkin – den sie nie heiratete, obwohl sie seinen Namen übernahm – 1882 nach Paris. Als dieser sieben Jahre später starb, brachte sie sich und ihre beiden Söhne mehr recht als schlecht als Journalistin und Übersetzerin durch. In Paris trat sie erstmals auf die öffentliche Politbühne. Auf dem Gründungskongress der II. Internationale sprach sie als eine von nur sechs Frauen unter 400 Männern über ihre Ansichten zur Frauenfrage. Zurück in Deutschland verbesserten sich ihre Lebensumstände erst als sie 1892 Chefredakteurin der Stuttgarter Zeitschrift «Gleichheit» wurde. Unter ihrer Führung entwickelte sich die Zeitschrift zu einem einflussreichen Sprachrohr der Arbeiterinnen- und Frauenbewegung. 1907 wurde Clara Zetkin zur Leiterin des Internationalen Frauensekretariats gewählt und nahm 1910 an besagter Konferenz in Kopenhagen teil.

Karrierenende wegen politischem Engagement

Porträtbild

Käte Duncker

Wie Clara Zetkin wuchs auch Käte Duncker, geborene Döll, in einem bürgerlichen Haus auf und wurde Lehrerin. Den Ausschlag für ihr Interesse an der Arbeiterbewegung gaben die schlechten Lebensbedingungen ihrer Schülerinnen aus den Arbeiterfamilien. 1893 nahm sie an einer Versammlung teil, an der Clara Zetkin als Rednerin auftrat. Hier lernte sie auch ihren späteren Mann Hermann Duncker kennen. Auch Käte Duncker musste ihren Beruf wegen ihres politischen Engagements aufgeben. 1898 heiratete Käte ihren Hermann. Danach betätigte sie sich als Autorin, schrieb über Themen wie «Frauenerwerbstätigkeit» oder die «Bekämpfung der Kinderarbeit», stiess 1907 als Redaktorin zur «Gleichheit» und sprach auf sozialistischen Veranstaltungen und Frauenkongressen wie jener 1910 in Kopenhagen.

Von der Frauendemo zur Februarrevolution

Erst seit 1921 wird der Weltfrauentag jedes Jahr am 8. März gefeiert. Dies als Erinnerung an den 8. März 1917. An diesem Tag demonstrierten Arbeiterinnen in einer St.Petersburger Textilfabrik aus Unzufriedenheit. Sie marschierten zu den Nachbarfabriken und schalteten dort den Strom ab. Bis am Nachmittag demonstrierten bereits über 100000 Menschen. Dieser Streik mündete letztlich in die Februarrevolution – der 8. März war im damals in Russland geltenden Julianischen Kalender der 23. Februar.

«Heute ist der Tag noch genauso wichtig. Diese Themen dürfen nicht vergessen werden.»

2018: #PressForProgress

Der Weltfrauentag ist mittlerweile fest im Kalender verankert, in einigen Ländern ist er gar ein gesetzlicher Feiertag. 1975 begingen die Vereinten Nationen erstmals den Internationalen Frauentag mit einer kleinen Feier. 1977 appellierte die UN-Generalversammlung an ihre Mitglieder, den 8. März als «Tag für die Rechte der Frau und den Weltfrieden» auszurufen. Seither steht der International Women’s Day jedes Jahr unter einem anderen Thema. 2018 ist es: #PressForProgress: auf Fortschritt beharren.

Während die Forderungen der einstigen Gründerinnen nach dem Frauenwahlrecht, dem Recht auf Bildung und freier Berufswahl oder auf bessere Arbeitsbedingungen mittlerweile erfüllt sind – mit dem Frauenwahlrecht liess sich die Schweiz immerhin bis 1971 Zeit – ist die Gleichstellung zwischen Mann und Frau längst noch nicht erreicht. Heute aktuell sind Themen wie Chancengleichheit im Berufsleben, Lohndiskriminierung, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, der Kampf gegen Frauengewalt, Zwangsprostitution und Frauenhandel, u.a..

«Bei der Lohndiskriminierung soll es endlich vorwärts gehen.»

Heute noch genauso wichtig

Damit hat der Internationale Frauentag nichts von seiner Bedeutung verloren. «Er ist sehr wichtig. Umso mehr aufgrund dessen, was derzeit in der Politik vorgeht», sagt denn auch Jacqueline Schneider, Geschäftsführerin der Frauenzentrale St.Gallen. Damit spielt sie unter anderem auf den Entscheid des Ständerates an, der kürzlich die Vorlage des Bundesrates mit Massnahmen gegen die Lohndiskriminierung an die Kommission zurückgewiesen hat. «Diese Themen dürfen nicht vergessen gehen.» Dafür hätten die Vorreiterinnen zu lange für unsere Rechte gekämpft. Für sie ist die Lohndiskriminierung eines der aktuell wichtigsten Themen. «Hier soll es endlich, endlich vorwärts gehen. Alle weisen darauf hin, wie wichtig es ist. Passieren tut letztlich aber nichts.» Von diesen Lippenbekenntnissen habe sie gründlich die Nase voll, sagt sie mit Nachdruck.

Zum Internationalen Tag der Frau lädt die Frauenzentrale St.Gallen heute alle Frauen von 11 bis 19 Uhr an ihren Stand vor dem Waaghaus am Bohl in St.Gallen ein, um mit einem Glas Prosecco und einem Stück Panetone auf ein anregendes und bewegendes Frauenjahr anzustossen.

Bild: Frauen demonstrieren 1912 in New York für ihr Wahlrecht. (Library of Congress)

Weitere Bildquellen: Wikimedia

Von |2018-03-08T17:05:24+01:007. März 2018|Frauen, Politik|0 Kommentare

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