50 Jahre Frauenstimmrecht

Am 7. Februar 1971 stimmten die Schweizer Männer endlich dem Stimm- und Wahlrecht für Frauen zu. Immerhin: Das Ergebnis war mit 65,7 Prozent Ja-Stimmen deutlich. Und das 103 Jahren nachdem die ersten Frauen in der Schweiz einen Vorstoss in diese Richtung machten.

Vorreiter Neuseeland

Neuseeland war das erste Land weltweit, das den Frauen das Stimmrecht gewährte. Am 28. November 1893 gaben die Neuseeländerinnen zum ersten Mal ihre Stimme an der Urne ab. Danach dauerte es allerdings noch 22 Jahre, bis sie erstmals zur Wahl antreten durften. Und erst 1933 sass die erste Neuseeländerin im Parlament. In Europa waren die Finninnen die Ersten, die abstimmen durften. Das war 1906 und Finnland gehörte damals noch zum russischen Reich. Anders als in Neuseeland erhielten die Finninnen aber sowohl das passive als auch das aktive Stimmrecht. Somit durften sie auch für das Parlament kandidieren.

Um Jahrzehnte voraus

Bis zum Ende des ersten Weltkrieges durften auch die Däninnen, die Isländerinnen, die Russinnen und die Niederländerinnen abstimmen. Deutschland führte im November 1918 das Frauenwahlrecht ein, das aktive und passive. Am 19. Januar 1919 nutzen es die Deutschen Frauen das erste Mal bei der Wahl der Deutschen Nationalversammlung. 300 Kandidatinnen hatten sich zur Verfügung gestellt, 37 schafften die Wahl. Seit 1918 dürfen auch die Österreicherinnen, Polinnen und die Britinnen wählen. In Spanien (1931), Frankreich (1944), Italien (1946), Belgien (1948) und Griechenland (1952) dauerte es länger. Und noch länger dauerte es in der Schweiz. Nur gerade die Portugiesinnen und die Liechtensteinerinnen mussten noch länger warten, bis 1974 respektive 1984.

Immer wieder Vorstösse – alle vergebens

Die Schweiz tat Mann sich schwer mit dem Frauenstimmrecht. Einen ersten Vorstoss wagten 1868 die Züricherinnen anlässlich der kantonalen Verfassungsrevision. Ohne Erfolg. So erging es auch dem Schweizerischen Arbeiterinnenverband, als er 1893 offiziell das Frauenstimm- und wahlrecht forderte. Als erste Partei setzte sich die SP 1904 für die Frauen ein. Doch auch sie vergebens. Zwei Motionen im Nationalrat 1918 wurden an den Bundesrat überwiesen – und dann versenkt.
Der 1909 gegründete Schweizerische Verband für Frauenstimmrecht (SVF) reichte 1929 eine Petition mit 249’237 Unterschriften ein. Wieder geschah nichts. Auch nicht auf kantonaler Ebene. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg lehnten mehrere Kantone das Frauenstimm- und wahlrecht ab. Am 1. Februar 1959 kommt es zur eidgenössischen Volksabstimmung: 654’939 Männer sagten Nein, 323’727 Ja. Das passte zumindest drei Kantonen nicht. Waadt, Genf und Neuenburg führten das Frauenstimm- und wahlrecht auf kantonaler und kommunaler Ebene ein. Dann am 7. Februar 1971 nach über 100 Jahren Kampf erhalten die Frauen endlich ihre politische Rechte. Noch im gleichen Jahr ziehen die ersten Frauen ins Parlament ein: zehn in den Nationalrat und Lise Girardin in den Ständerat. Und da ein Nationalrat in den Ständerat gewählt wurde, rückte eine elfte Frau und kurz darauf noch eine 12. Frau in den Nationalrat nach.

Das sind die Parlamentarierinnen der ersten Stunde:

  • Hedi Lang-Gehri
  • Martha Ribi-Raschle
  • Josi Meier
  • Elisabeth Blunschy-Steiner
  • Lilian Uchten – sie war die erste Frau, die für den Bundesrat kandidierte.
  • Liselotte Spreng
  • Hanny Thalmann
  • Gabrielle Nanchen
  • Tilo Frey – sie war die erste Nationalrätin mit afrikanischen Wurzeln.
  • Nelly Wicky
  • Hanna Sahlfeld-Singer
  • Lise Girardin – die erste Ständerätin

Mehr Informationen zu diesen Pionierinnen gibt es hier:
Aussergewöhnliche Frauen

Noch nie so viele Frauen im Parlament

Seit den nationalen Wahlen 2019 sitzen so viele Frauen wie noch nie im Parlament. Im 200-köpfigen Nationalrat sind es 84 Frauen, im Ständerat sind unter den 46 Mitgliedern 12 Frauen. Damit stieg der Frauenanteil von 32 auf 42% Prozent. Damit überholte die Schweiz sogar Frankreich und Norwegen im internationalen Vergleich. Immerhin, aber von dem Frauenanteil von 61% im ruandischen Parlament noch weit entfernt. Trotzdem war der 20. Oktober 2019 ein historischer Tag. Er zeigte deutlich: Es braucht mehr Frauen in der Politik.

Bild: Jules Vogt, ETH Bibliothek auf Wikimedia Commons

Möchtest Du noch mehr wissen?
Hier haben wir eine Liste– natürlich gibt es noch viel mehr – mit interessanten Beiträgen rund um 50 Jahre Frauenstimmrecht

Universität St.Gallen: 50 Jahre Frauenstimmrecht in der Schweiz von Gudrun Sander,
SRF-Schwerpunkt «50 Jahre Frauenstimmrecht»
Engagement Migros: Zukunftsmacherinn von heute
NZZ: 50 Jahre Frauenstimmrecht: Frauenfeindliche Plakate von damals
SRF Kultur: 50 Jahre Frauenstimmrecht – Diese mutigen Frauen wollen nicht schweigen
SRF Kultur: Quiz 50 Jahre Frauenstimmrecht – Wie gut weisst du Bescheid über das Schweizer Frauenstimmrecht?
alliance f 50 Jahre Frauenstimmrecht
parlament.ch: Frauenstimmrecht in der Schweiz: 100 Jahre Kampf
Wikimedia CH: 50 Years Swiss Women’s Suffrage
persoenlich.com: Wikimedia CH: Kämpferinnen auf Wikipedia gebührend würdigen – Gesellschaft

Und dann gibt es auch noch ein neues Buch:

 

 

 

50 Jahre Frauenstimmrecht – 25 Frauen über Demokratie, Macht und Gleichberechtigung von Isabel Rohner und Irène Schäppi, Limmat Verlag, ISBN 978-3-85791-891-9

 

Und hier sind gleich noch weitere lesenswerte Bücher:

 

 

 

Werner Seitz: Auf die Wartebank geschoben. Chronos Verlag, ISBN ISBN 978-3-0340-1605-6

 

 

 

 

 

Franziska Rogger: «Wir werden auf das Stimmrecht hinarbeiten!». Die Ursprünge der Schweizer Frauenbewegung und ihre Pionierin Julie Ryff (1831-1908), NZZ Libro, ISBN: 978-3-907291-22-1

 

 

 

 

Denise Schmid (Hg.): Jeder Frau ihre Stimme. Hier+Jetzt, ISBN 978-3-03919-497-1
Jeder Frau ihre Stimme | HIER UND JETZT VERLAG

 

 

 

 

 

Rita Jost, Heidi Kronenberg (Hg.): «Gruss aus der Küche». Rotpunkt Verlag, ISBN 978-3-85869-887-2

 

 

 

 

 

Iris von Roten: «Frauen im Laufgitter», efef-Verlag, ISBN ISBN 978-3-905561-99-9

 

 

Von |2021-02-07T15:20:01+01:005. Februar 2021|Allgemein, Politik|Kommentare deaktiviert für 50 Jahre Frauenstimmrecht

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