Die Geschichte der Künstlichen Intelligenz

Vom Problemlöser zum neuronalen Netz

Ob Online-Shopping, Parkassistenten oder Übersetzungs-Apps – Künstlicher Intelligenz begegnen wir heute in fast allen Lebensbereichen. Das erste Mal tauchte der Begriff vor 60 Jahren an einer Wissenschaftskonferenz auf. Seit damals haben Computer eine unvergleichliche Entwicklung hingelegt. Begünstigt durch immer bessere Rechenleistung und höhere Speicherkapazitäten. Mit der zunehmenden Bedeutung des Internets wurden KI-Systeme auch für Unternehmen interessant.

Herbert Simon lag falsch. Der Mitbegründer der Künstlichen Intelligenz prophezeite 1957, dass in zehn Jahren ein Computer gegen den Schachweltmeister gewinnen würde. 33 Jahre später wiederholte er seine Prognose, allerdings verzichtete er dieses Mal auf eine genaue Zeitangabe. Sechs Jahre später, 1996, schlägt Deep Blue von IBM den Schachmeister Garri Kasparow. Zum ersten Mal ging die Künstliche Intelligenz als Siegerin aus dem Duell Menschen gegen Maschine hervor.

Die Geschichte der Künstlichen Intelligenz (KI) beginnt viel früher im Sommer 1956. An einer wissenschaftlichen Konferenz in Dartmouth, USA, treffen John McCarthy (1927-2011), Marvin Minsky (1927-2016), Nathanial Rochester 1919-2001), Claude Shannon (1916-2001), Alan Newell (1927-1992) und Herbert Simon (1916-2001) aufeinander. Sie gelten bis heute als Begründer der Künstlichen Intelligenz. Damals fiel auch erstmals der Begriff «Artifical Intelligence», der wortwörtlich ins Deutsche übersetzt wurde. In den Anfängen glaubten die Forscher, dass die Künstliche Intelligenz die Menschen schon bald überflügeln würde. Das sei heute nicht mehr so, sagt Karin Vey, Innovations- und Trendexpertin im ThinkLab der IBM Forschung. «Was die Technik angeht ist nicht absehbar, wie wir dahin kommen. Heute denken wir, dass KI-Systeme die menschliche Intelligenz nicht ersetzt, sondern ergänzt.»

KI als eigenständige Forschung

Nach der Konferenz etablierte sich die Künstliche Intelligenz an mehreren Universitäten in den USA. Am MIT (Massachusetts Institute of Technology) und an der Standford-University etwa entstanden KI-Zentren. In den 1960er Jahren entwickeln Alan Newell und Herbert Simon das Programm «General Problem Solver». Es funktionierte nach dem Prinzip der Problemreduktion. Ein Problem wird in Teilprobleme zerlegt und dann werden zuerst diese gelöst. Nach zehn Jahren stellten die Forscher ihr Projekt aber wieder ein.

Computerbildschirm

Eliza gibt es auch als App. Bild: Google PLay

Der erste Chatbot

Ende der 1960er Jahre entwickelte der MIT-Wissenschaftler Joseph Weizenbaum (1927-2008) das erste Programm, das menschliche Sprache verstand. ELIZA simulierte den Dialog eines Psychotherapeuten mit seinem Patienten, wobei es in die Rolle des Therapeuten schlüpfte und der Nutzer sich per Tastatur mit dem Computer unterhielt. ELIZA ist also der erste Chatbot.

Denken ist ein Rechenvorgang

Beim Denken kommt es nicht auf das Gehirn an. Das dachten Allen Newell und Herbert Simon in den 1970er Jahren. Sie verstanden Denken als reine Informationsverarbeitung, ein Rechenvorgang also. Sie waren der Meinung, KI-Systeme könnten so intelligent sein wie Menschen und könnten auch wie diese denken. Dieser Interpretation widersprach der Philosoph John Searle energisch. Er vertrat die Meinung, dass Künstliche Intelligenz das Denken zwar simulieren und nachahmen kann, aber nicht wirklich intelligent ist. Damit standen sich die beiden gegenteiligen Positionen von starker (Newell/Simon) und schwacher (Searle) KI gegenüber.

KI zum Spielen

Lange ging nichts mehr in der KI-Forschung. An den Universitäten beschränkte man sich auf die künstliche Welt strategischer Spiele. Dann gelang Mitte der 1970er Jahren der Schritt in die Praxis.  Der Informatiker und Arzt Edward Shortliffe entwickelte 1976 das erste und wohl das bekannteste Expertensystem: MYCIN. Es unterstützte Ärzte bei der Diagnose und der Therapie von Blutinfektionskrankheiten und Meningitis. Ein Expertensystem ist ein Programm, das wie ein Experte den Menschen bei der Lösung von Problemen unterstützt. Dabei greift es auf eine Wissensbasis mit dem Fachwissen eines bestimmten Bereichs zurück und zieht daraus eigene Schlussfolgerungen. Eingesetzt werden Expertensysteme dort, wo der Experte fehlt oder wo der Mensch die Menge der Daten nicht verarbeiten kann.

Netz

Lernende KI-Systeme finden heute selber Lösungen und Antworten. Bild: William Bout/Unsplash

Renaissance der künstlichen neuronalen Netze

Mitte der 1980er Jahre erlebten künstliche neuronale Netze eine Renaissance. Wie unser Gehirn mit seinen Nervenzellen bestehen sie aus einem Netz aus miteinander verbundenen künstlichen Neuronen. Sie verarbeiten Informationen mittels parallel ablaufenden Interaktionen dieser Recheneinheiten. Dank immer leistungsfähigerer Computer und Prozessoren entwickelten sich die KI-Systeme immer weiter. Bis zu ihrem ersten Höhepunkt, als Deep Blue im Schach gegen Garri Kasparow gewann.

Seit bald zehn Jahren nutzen auch Unternehmen KI. Deep Learning, verbesserte Algorithmen, extrem schnelle Memory-Datenbanken, Big Data bieten neue Anwendungsmöglichkeiten. Grosse IT-Unternehmen entdecken die Künstliche Intelligenz. Als erstes kam erneut IBM mit dem Supercomputer Watson, der 2011 die menschlichen Champions in der US-Quizshow Jeopardy schlug. 2015 schlägt Googles Computerprogramm AlphaGo den europäischen Dreifachmeister Fan Hui im asiatischen Brettspiel Go. Die Spielweise des Programms verblüffte, weil es Spielzüge machte, auf die ein Mensch nie kommen würde. In den folgenden beiden Jahren bezwang es auch den südkoreanischen Profi-Spieler Lee Sedol und den weltbesten Spieler Ke Jie.

Roboter

Nehmen uns Roboter bald das Putzen ab? Bild: Alex Knight/Unsplash

Und was bringt die Zukunft?

Schon heute ist KI in unserem Alltag präsent. Suchmaschinen, Alexa, Siri und Co., Chatbots, die Online-Bestellungen entgegennehmen, Park-Assistenten im Auto, Sprachprozessoren in Smartphones, selbstfahrende Autos, KI-Systeme als Autoren, Maler und Komponisten, als Übersetzer, Schadenprüfer bei der Versicherung, Lagerverwalter, als Drohnen-Pilot und und und. Wie wird es weiter gehen? Wie verändert KI unsere Arbeitswelt? Wie können alle in der Gesellschaft von ihren Vorteilen profitieren? Eine Studie der Standford University blickt in das Jahr 2030. Die wichtigsten Visionen:

  • Verkehr: in 15 Jahren sind selbstfahrende Autos normal
  • Zuhause: Roboter übernehmen den Wohnungsputz
  • Gesundheit: Programme unterstützen die Ärzte bei der Diagnose, Roboter-Assistenten bei Operationen
  • Bildung: digitale Lerninhalte sind individuell auf die Schülerinnen und Schüler zugeschnitten
  • Arbeitsmarkt: viele Jobs werden verschwinden, viele Menschen werden nicht mehr für ihren Lebensunterhalt arbeiten können

Mit ihren Prognosen befinden sich die Forscher dieser Studie in der gleichen Situation wie damals Herbert Simon. Wie, wann und ob sie sich bewahrheiten, ist offen. Einig sind sie sich hingegen darin: Noch werden die Maschinen die Herrschaft nicht übernehmen – vorerst.

Von |2018-03-08T16:57:47+01:0019. Januar 2018|Wirtschaft|0 Kommentare

Teile diesen Beitrag auf deinem Netzwerk!

Nach oben