Charakter statt Chichi auf dem Teller

  • Porträt von Bernadette Lisibach

Entenleber-Mousse auf Roggenbrot mit Mirabellen-Senf und Tamarinde oder hausgeräucherter Schottischer Lachs auf Apfel-Sellerie-Salat und Knäckebrot. Vor den Augen der Frauen bereiten Bernadette Lisibach und ihr Team die Canapés zu. Ein Augenschmaus und eine Gaumenfreude zugleich. Der Besuch in der «Neuen Blumenau» in Lömmenschwil bot mehr als nur einen Blick in die Küche. Die mehrfach ausgezeichnete Spitzenköchin verriet, wieso sie Köchin wurde, was sie antreibt, und wo sie sich Inspiration für ihre Menüs holt.

Bernadette Lisibach verziert Apérohäppchen.

Bernadette Lisibach ist nicht zufrieden. Die winzigen Häubchen aus Mirabellen-Senf sehen nicht so aus, wie sie es will. Kein Wunder, sie habe die falsche Spritztülle aufgesetzt. «Und scho bi i im Seich», sagt die Spitzenköchin in ihrem breiten Luzerner Dialekt und lacht. Aus dem Konzept bringen lässt sie sich davon natürlich nicht. Flugs wechselt sie die Tülle während sie weiter mit den Frauen mitten in ihrer Küche in der «Neuen Blumenau» plaudert. Im Sekundentakt garniert sie die Canapés. Unter ihren Händen entstehen kleine Kunstwerke aus Walliser Roggenbrot mit einem Riegel Entenleber-Mousse, farblich stilvoll abgerundet mit besagtem Mirabellen-Senf, Tamarinde und Kerbel. «Bitte greift zu», ermuntert Bernadette Lisibach die Frauen. Sie lassen sich nicht zweimal bitten.

 

Da blieb nur Köchin

Das Interesse an diesem Frauennetz-Abend ist gross. Einmal einer Spitzenköchin über die Schultern schauen. Dabei lernen die Frauen vor allem auch die Person dahinter kennen. Sympathisch, bodenständig, herzlich. Ungezwungen erzählt Bernadette Lisibach, wie sie auf einem Bauernhof im Luzernischen aufgewachsen ist. Dass sie immer lieber draussen war und darum ein Handwerk lernen wollte. Bäckerin kam nicht in Frage, da hätte sie zu früh aufstehen müssen. Als Floristin sah sie nach der Lehre keine Zukunft. Also lernte sie Köchin. Damit sei nichts verloren, dachte sie, und wenn es ihr nicht gefalle, könne sie wenigstens kochen.

«Wenn es mir nicht gefällt, dann kann ich wenigstens kochen.»

Von der Gemeinschaftsküche ins 5-Sterne-Hotel

Ihre Lehre absolvierte Bernadette Lisibach in der St.Anna-Klinik in Luzern. Danach arbeitete sie unter anderem im Hotel Montana in Luzern und im Grand Hotel Viktoria-Jungfrau in Interlaken. 12 Jahre kochte sie mit Daniel Bumann in der Chesa Pirani in La Punt. Das bedeutete 18 Gault-Millau-Punkte und 2 Michelin Sterne. Das Niveau und die Art der Küche dort habe sie geprägt, verrät Bernadette Lisibach. Im Kulm Hotel in St.Moritz übernahm sie zum ersten Mal die Hauptverantwortung in der Küche im hoteleigenen Restaurant «The K», und holte gleich 15 Gault-Millau-Punkte. Am 11.11.11 um 11.11 Uhr – ein denkwürdiges Datum für eine Luzernerin – feierte sie Eröffnung in der «Neuen Blumenau», wo sie sich einen Namen erkocht hat. Einen so guten, dass der Gault Millau sie zur «Köchin des Jahres 2015» kürte. Eine von mehreren Auszeichnungen, aber vielleicht die wichtigste, weil sie Gäste von weit über die Region hinaus anlockt.

«Dem Gast sieht man an, wenn er zufrieden ist.»

Gäste glücklich machen

Titel hin, Auszeichnung her, der grösste Ansporn für Bernadette Lisibach ist und bleibt: der glückliche Gast. «Bei keinem anderen Beruf erhält man ein so direktes Feedback. Dem Gast sieht man es an, wenn er zufrieden ist.» Deshalb will sie ihren Gästen immer wieder Neues bieten, ihrer Philosophie bleibt sie dabei stets treu. «Der Gast soll sehen, was er isst.» So bekommt er sein Entrecôte als Ganzes und nicht modern ins Rechteck geschnitten. Frische, saisonale Produkte müssen es sein, mal aus der Region, mal edlere oder vergessene wie zum Beispiel Kardone, ein italienisches Wintergemüse, oder der immer beliebtere Federkohl. Auch verwendet sie gerne Nebenprodukte wie Kalbsmilken, Kalbsbäggli oder gar einen Kalbskopf. Verspieltes Chichi hingegen kommt ihr nicht auf den Teller. «Charakter ist mir wichtiger.»

«Ich mag kein Chichi auf dem Teller, Charakter ist mir wichtiger.»

Inspiration für neue Menüs

Alle sechs bis acht Wochen kreiert sie ein neues Menü. Die Inspiration dazu findet sie an vielen Orten, in der Natur, beim Essen gehen. Sie lese viel und versuche aufgrund ihrer Erfahrung mit einem Produkt dieses immer wieder neu anzurichten. Drei bis vier Mal kocht sie ein neues Gericht im Kopf vor. In der Tat höchstens einmal für den letzten Schliff. Alles andere sei zu teuer, auch fehle ihr die Zeit dazu. «Schliesslich ist unsere Küche kein Labor.»

«Unsere Küche ist kein Labor.»

Sympathisch feine Küche

In der blitzblanken Küche verfolgen die Frauen aufmerksam, wie Bernadette Lisibach ein luftiges Pilzmousse in einen Geflügelfond spritzt und alles mit langstieligen Enoki-Pilzen garniert. Unermüdlich beantwortet sie die vielen Fragen ganz wie bei einem entspannten Küchentischgespräch. Derweil richtet Köchin Saskia Hug – in der «Neuen Blumenau» arbeiten nur Frauen – im ersten Stock Apfel-Sellerie-Salat auf einem Stück Knäckebrot an. Darauf drapiert sie hausgeräucherten Schottischen Lachs und garniert alles mit feinen Apfelschalenstreifen und etwas Dill. Oder spritzt Sbrinzmousse auf hauseigenes Nussbrot und verfeinert alles mit kleingehackten Dörrfrüchten. Mit einem Glas Rosé Clement in der Hand, serviert von Chef de Service Claudia Allenspach, zirkulieren die Frauen zwischen den beiden Köchinnen und geniessen das ungezwungene Ambiente in der «Neuen Blumenau», die für diesen Abend ihnen allein gehört.

Canapé mit Schottischem Lachs auf Apfel-Sellerie-Salat und Knäckebrot.Pilzmousse in Geflügelfonds garniert mit Enoki-Pilzen.

Frische ZutatenSbrinzmousse auf Nussbrot.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bilder: pd / FN

Von |2018-03-22T08:37:05+01:0021. März 2018|Events, Frauen, Genuss|0 Kommentare

Teile diesen Beitrag auf deinem Netzwerk!

Nach oben